Grundlegende Startbedingungen und Lagen zur Reflexauslösung
- auf dem Rücken – Reflexdrehen I.
- auf der Seite – Reflexdrehen II.
- auf dem Bauch – Reflexkriechen
- auf allen vieren – Reflexkrabbeln
- grundlegende Stimulierung von Reflexzonen, ihre Lage und die Stimulierungsrichtungen
- grundlegendes Anhalten der ausgelösten Bewegung
Überbaulagen und therapeutische Hilfsmittel, die den Reflexverlauf verstärken
- schrittweise Mehrfachstimulation von Reflexzonen
- teilweise Labilisierung des Beckens mit der Aktiva-Disc (keilförmige Unterlegung des Beckens mit der Aktiva-Disc)
- allmähliche Neigung der Liege in Längsrichtung, Körper auf einer Adhäsivunterlage (der Kopf liegt höher als die Beine)
- vollständige Labilisierung des Beckens mit der Aktiva-Disc mit Unterlegung des Brustkorbes
- Kippen der Beckenachse in Längsrichtung mittels Keil
- Kippen der Beckenachse in Querrichtung
- Labilisierung weiterer Stützpunkte mit aufblasbaren Bällen
- Bremsung der Gliedmaßenbewegung mit Gummibändern
- Bremsung der Gliedmaßenbewegung mit Stützen
- Verschiebung des Gliedmaßenschwerpunktes mit Gewichten
Stützlagen und Ausrüstung zur Erleichterung der Reflexauslösung
- Neigung der Liege in Längsachse, leicht mit dem Kopf nach unten
- Unterlegung der Beine
- Unterlegung der Arme
- Unterlegung des Beckens mit einem
festen Keil - antalgische Lagen für Gliedmaßen und das Achsorgan
Äußere Bedingungen für Stimulierungen mittels VM2G
- stille und ruhige Umgebung, die die Entspannung des Patienten nicht stören
- technische Ausstattung und passende Hilfsmittel
- Möglichkeit zur Verfolgung der Zeit einzelner Stimulationen und der gesamten Stimulationszeit
Belehrung des Patienten bei VM2G
- den Patienten in entspannten Zustand bringen
- erklären, dass man die Lagen nicht gezielt halten muss, dass sich die Gliedmaßen dank Reflex von selbst auch entgegen der Schwerkraft bewegen werden
- erklären, dass es während der Therapie zur allmählichen „Abschaltung“ der Körperschemaempfindung kommt und der Patient aufhört wahrzunehmen, wo sich seine Gliedmaßen befinden
- erklären, dass es zu schrittweisen Äußerungen der „automatischen Gelenkzentrierung“ (Zittern, Schütteln und unwillkürliche Bewegungen der Gliedmaßen und des Beckens) kommt
- Notwendigkeit der Mitwirkung erklären (der Patient meldet entstehenden Diskomfort – Schmerz, Ziehen in den Muskeln, aufkommende Müdigkeit…)
- bei Kindern erklären, dass sie mit dem verlaufenden Reflex nicht „spielen“ und ihn so nicht stören sollen
- Notwendigkeit der Ablenkung von Kindern (Gesang, Musik,
Audiobücher, …)
Beobachtung, welche Reaktionen die VM2G-Stimulierung beim Patienten verursacht
- Automatik der Gliedmaßenhaltung entgegen der Schwerkraft
- Einstellung der Gliedmaßenachsenwinkel und ihre Veränderungen
- Intensität der Reflexbewegungen, des Zitterns, der Vibrationen
- Geschwindigkeit des Aufkommens von Müdigkeit
- ob die Stimulierung nicht eine pathologische Ersatzhaltung der Gliedmaßen auslöst
- Dauer einer ununterbrochenen Stimulation, Pausen, Gesamtzeit einer Therapiesitzung
Wiederholung der Therapie
im Verlauf eines Tages
- bei Kindern idealerweise 2 – 3x täglich
- bei erwachsenen Patienten nach ihren Möglichkeiten, mindestens einmal täglich
- Die eigentliche Steuerung
der VM2G-Therapie erfolgt: - nach aktueller Intensität der Antwort des „Systems“ (Zittern, Bewegungsbereich, …)
- nach individuellen Reaktionen des Patienten (Auftreten von Ermüdung, Schmerz, Diskomfort, …)
- nach Veränderungen in der Körperhaltungsautomatik
- nach Veränderungen in der Gelenkzentrierungsautomatik
- nach Veränderungen in grundlegenden Bewegungsstereotypen
- nach Veränderungen in „Überbauprogrammen“ der feinen und groben Motorik
- nach Veränderungen in der Steuerung höherer Nervenfunktionen, Verbesserung der phatischen Funktionen
- Rückgang der Dyspraxie, Beginn der Ermüdung, Gereiztheit
Reflexantwort des „Systems“ beim Patienten bei der VM2G-Therapie
-
- automatische Körper- und Gliedmaßenhaltung entgegen der Schwerkraft ohne Willensanstrengung
- schrittweises „Ausschalten“ der Wahrnehmung des Körperschemas bis zum Zustand kurz vor dem Einschlafen, Bewusstwerden des Gefühls des „Körperverlustes“
- automatische Gelenkzentrierung, die sich als Schütteln, Zittern und Bewegungsautomatismen bemerkbar macht, vor allem an den Händen, den Füßen, den ganzen Gliedmaßen und am Becken
- schrittweise Verlängerung der Dauer, während der der Patient die Stimulierung ohne Diskomfort verträgt
- zunehmende Fähigkeit, die Belastung durch mehrfache Stimulierung, mit Balancierungsdisks, in Schief- und Querlage der Liege, mit Gummizügen, mit Gewichten
an den Gliedmaßen - Einschalten aller Körpermuskeln im spezifischen „Modus“ ohne Ermüdung sowohl bei der eigentlichen Übung als auch nach der Therapie
- in Reflexstimulationszonen kommt es weder zur Erschöpfung noch zu schrittweiser Anpassung der Stimulierung
- bei der Arbeit der Muskeln zeigt sich ganz spezifische Müdigkeit, meistens nur lokal beschränkt, die infolge der Muskeldiskoordination entsteht und sofort nach Unterbrechung der Stimulierung abklingt
Video — Th erapie von Kindern und Jugendlichen
Video — Th erapie von Kindern und Jugendlichen
Kasuistik
Illustration der Nutzung von Liegeneigungen und Labilisierungsdiscs
Eine siebenjährige Patientin kommt zu uns wegen einer leichten Körperhaltungsstörung. Die Mutter der Patientin befürchtete Probleme bei der zukünftigen Entwicklung des Bewegungsapparates ihrer Tochter, denn in der Familie treten seit mehreren Generationen chronische Rückenschmerzen auf, an denen sie selbst auch leidet. Die Patientin gibt zu, dass sie von Zeit zu Zeit Rückenschmerzen hat, aber nicht genau sagen kann, wo. Die Patientin hat ansonsten keine Probleme.
Problembeschreibung
(klinischer Befund)
In der Anamnese der Patientin fanden sich keine bemerkenswerten Abweichungen von der normalen psychomotorischen Entwicklung. Sie begann am Ende ihres ersten Lebensjahres zu laufen. Die Untersuchung der grundlegenden motorischen Stereotype ergab im Prinzip keine Normabweichungen, das einzige Problem zeigte sich bei der Schwächung der Zwerchfellatmung. Die Standautomatik und vor allem die allgemeine Körperachse zeigten Abweichungen von der Norm in Form einer Vorschiebung des gesamten Körpers in ventraler Richtung. Die grundlegende sagittale Achse, ausgehend von der Mitte des Außenknöchels, verläuft nicht durch die erwarteten physiologischen Punkte. Im Stand ist eine erheblich deutlichere Belastung beider Fußspitzen im Vergleich zu den Fersen, eine ventrale Neigung des Beckens und eine ventrale Eindrehung beider Schultergeflechte erkennbar. Das Becken ist ventral gekippt und die Schultergeflechte befinden sich in Protraktion. Der Kopf ist vorgeschoben und somit außerhalb der Achse.
Qualifizierte Erklärung des Problems
Der Ursprung des Steuerungsdefektes der Körperhaltungsautomatik liegt wahrscheinlich in hereditärer Belastung. Die Mutter bestätigte, dass die Körperhaltung ihrer Tochter sehr ihrer eigenen Haltung während der Adoleszenz ähnelt. Es kann sein, dass die Patienten im Verlauf des ersten Jahres eine zentrale Koordinationsstörung eines sehr leichten Typs durchgemacht hat, die auch zur Störung der Motoriksteuerung beigetragen haben könnte. Eine deutlichere Ausachsung kann man in der ventralen Beckenneigung und auch in der ventralen Haltung beider Schultergeflechte sehen. Angesichts der familienseitigen Vorbelastung in Form chronischer Schwierigkeiten mit dem Bewegungsapparat ist es sehr umsichtig von der Mutter, nach einer Lösung zu suchen, mit deren Hilfe ihre Tochter eventuelle zukünftige Probleme, vor allem Probleme mit der Wirbelsäule, würde vermeiden können.
Illustration der Lösung
Obwohl das Körperhaltungsproblem bei dieser Patientin anfangs leicht lösbar aussah, dauerte es sechs Jahre, bevor es korrigiert war. Die Mutter der Patientin war sehr motiviert, ihrer Tochter zu helfen, und führte die Therapie sehr gewissenhaft durch. Die Frequenz der Besuche wurde auf einmal alle vier Wochen festgelegt. Die Verbesserung der Kopf-, Becken- und Schulterstellung begann besonders dank der Übungen auf der geneigten Liegenfläche zu gelingen. Die Längsneigung der Liege wurde technisch durch schrittweises Erhöhen der Liegenbeine, die Querneigung mittels Einsatz einer Übungsunterlage erzielt. Als weitere Hilfsmittel zur Beschleunigung der Körperhaltungskorrektur, wurden Balance-Discs und Hilfsmittel zur Labilisierung der Stützflächen eingesetzt. Im Verlauf der Therapie beklagte sich die Patientin nicht über Rückenschmerzen.
Erklärung der Lösung
Die gewählte therapeutische Vorgehensweise mit Labilisierung der Stützpunkte bei den Reflexübungen half deutlich, das Korrekturprogramm für die Körpersteuerung zu provozieren. Es war notwendig, die Stimulierung mehr auf die Einschaltung der vorderen und hinteren als auf die schrägen Muskelketten auszurichten. Obwohl es so aussah, dass der Behandlungseffekt eine Reihe von Monaten ausblieb und auch dann Veränderungen in Richtung der Norm nur sehr langsam erfolgten, erwies sich die Therapieausrichtung als richtig. Normalisierende Veränderungen wurden in der Folge vollständig petrifiziert, sodass die Therapie ein sehr gutes Ergebnis brachte. Es ist nicht uninteressant, dass die VM2G auch in diesem Fall erfolgreich eingreifen konnte, obgleich die Ursache der Probleme in hereditärer Belastung lag.
Problemlösung der Körperhaltungsautomatik durch Labilisierung der Stützflächen und schräge Übungsflächen
Zur Erreichung des Therapieziels trug auch deutlich der Mechanismus von Übungen auf einer in Längsrichtung schiefen Fläche in Kombination mit einer in Querrichtung schiefen Fläche bei. Die Verbindung beider Neigungen schafft die Bedingungen für die Aktivierung des Torsionsbiomechanismus des Körpers, durch dessen ideale Mitte die direkten Muskelketten führen. Zusammen mit diesen Torsionsbedingungen nutzte man gleichzeitig die Labilisierung der Körperstützpunkte. Die Kombination schwieriger räumlicher und Adhäsionsvoraussetzungen macht das Auslösen und Halten des Stimulationsreflexes für das Gehirn zu einer außerordentlich anstrengenden Angelegenheit. Dank dessen verläuft jedoch der eigentliche therapeutische Reflex außerordentlich präzise, und man kann ihn sehr gut in einen konkreten Körperteil zielen. Diese Art von Therapie stellt außerordentliche Ansprüche an den Physiotherapeuten, denn er muss einen optimalen Belastungsgrad schaffen und die Durchführung der Stimulation für die Hausübungen richtig erklären. Der optimale Belastungsgrad geht einerseits von der aktuell verlaufenden Reflexantwort beim Patienten, andererseits von den aktuellen Dispositionen des Patienten aus.